Auf einen Espresso mit Christian Meister…

Seit 2011 konnten wir mit Christian, unserem künstlerischen Leiter, in zahlreichen Konzerten unser Publikum begeistern. Bei unseren Proben an den Montagabenden gelingt es Christian auch zu späterer Stunde, uns durch seine motivierende Art, seine enorme fachliche Kompetenz und stimmliche Präsenz aus unserer „Komfortzone“ zu locken und auf hohem musikalischen Niveau mit uns zu musizieren. Höchste Zeit also, bei einem Espresso die letzten Jahre Revue passieren zu lassen, und in die Zukunft von Vox Augustana zu blicken.

Erinnerst Du Dich noch, wann und wo Du unser Ensemble zum ersten Mal gehört hast?

Im November 2010 war das, ein sehr berührendes Konzert in der großen Ulrichsbasilika in Augsburg.

Weißt Du noch, was bei diesem Konzert auf dem Programm stand?

Vox Augustana hat damals ein sehr abwechslungsreiches Programm gesungen, in meiner Erinnerung ist vor allem noch, dass das Ensemble damals das großartige „Magnificat“ von Wolfram Buchenberg aufgeführt hat.

Was ging Dir durch den Kopf, als Du uns zugehört hast?

Nachdem wir zum Zeitpunkt des Konzertes schon ausgemacht hatten, dass ich die nächste Arbeitsphase dirigieren darf, war ich während des ganzen Konzertes voller Vorfreude auf meine musikalische Arbeit mit Vox! Ein kleines Ensemble, gute Stimmen, und nach dem Konzert beim Italiener eine ganz feine Gemeinschaft, die ich kennenlernen durfte.

Welche musikalische Entwicklung hat der Chor in den vergangenen Jahren genommen?

Das Ensemble hat sich wie ich finde klanglich sehr gut entwickelt. Mein stetes Bestreben ist es, die Neugier an gemeinsamen Klangfarben und am jeweiligen Ausdruck und der Klangwelt unserer sehr unterschiedlichen Chorwerke immer wach zu halten. Auch die Gemeinschaft im Ensemble hat sich trotz der üblichen Ab- und Neuzugänge immer wieder neu gefunden. So können wir uns mit einer weitgehend stabilen Besetzung nach den schwierigen Corona-Jahren wieder etablieren!

Was war für Dich die bisher größte, musikalische Herausforderung mit Vox Augustana?

Die jeweils nächste Probe bzw. das jeweils nächste Konzert ist für mich die größte Herausforderung! Ein besonders eindrückliches Stück ob seiner Dimensionen und seines immensen Spannungsbogens war „When David heard“ von Eric Whitacre. Aber auch die großen Motetten von Bach oder Mendelssohn immer wieder neu zu musizieren ist eine wahnsinnige Herausforderung.

Du hast bereits mit einigen namhaften Profichören zusammengearbeitet. Warum macht Dir auch die Chorarbeit mit ambitionierten Laiensänger*nnen Spaß?

Es ist mir eine große Freude und Ehre, wenn man mit Sängerinnen musizieren darf, die wirklich freiwillig da sind. Wir wollen mit Vox unsere stimmlichen und musikalischen Möglichkeiten stetig erweitern und Chormusik auf höchstmöglichem Niveau machen und präsentieren. Es motiviert mich ungemein, wenn ich die Energie, den Willen und die Neugier meiner Sängerinnen in den Proben zu später Stunde spüre!

Inwiefern hat sich Deine Chorarbeit verändert, seit dem Du als Mitglied von SingerPur selbst wieder als aktiver Profi-Sänger gefordert bist?

Meine Tätigkeiten als Sänger und Dirigent befruchten sich gegenseitig immer wieder aufs Neue. Dabei spielt natürlich immer meine ungemein prägende Vergangenheit bei den Augsburger Domsingknaben und die Begeisterung, die Reinhard Kammler für das Singen und die Chormusik in mir entfacht hat, eine Rolle. Letzendlich nehme ich mich immer als Teil des Ensembles wahr, mal bin ich mehr und vorrangig für meine Stimme und meinen Part zuständig, mal kann ich vieles steuern und formen.

Du engagierst Dich in der sängerischen Aus- und Fortbildung von Kinder-, Jugend-, und Erwachsenenchören. Mit welchem Problemen haben heutzutage Chöre zu kämpfen?

Viel zu wenige Kinder singen und musizieren! Das ist eigentlich schon alles und aus diesem Problem erwachsen alle anderen Schwierigkeiten. Fehlende Generationen in den Chören und im Publikum, schwindende Unterstützung durch Politik, Kirchen und private Geldgeber – dies kann nur in eine andere Richtung gehen, wenn die Freude am gemeinsamen Musizieren wieder flächendeckender in Kitas, Grundschulen und auch Familien Einzug hält.

Welche Chorliteratur oder welches Stück würdest Du besonders gerne mit uns einstudieren?

Mein Stapel mit „Wunschmusik“ für Vox wird leider nicht kleiner mit den Jahren – wobei das sicher sein Gutes hat. Gerne möchte ich die Bach-Motetten in einem Zyklus und mit instrumentaler Kooperation aufführen, auch Chorwerke aus Skandinavien (Jaakko Mäntyjärvi, Sven-David Sandström) oder geniale spätromantische Chormusik aus England (Hubert Parry) kommen hoffentlich bald zur Aufführung! Und ganz unten im Stapel, aber immer in meinem Herzen ist das „Ave Maria“ von Anton Bruckner…

Hast Du eine Art von musikalischer „Vision“, die Du gerne ausprobieren und/oder mit Vox Augustana umsetzen möchtest?

Meine größte Vision ist eine perfekt ausgeglichene Besetzung mit jeweils 8 Sänger*innen pro Stimme, die mir noch mehr Spielraum bei der Auswahl unserer Stücke lässt.

Wo siehst Du Dich mit Vox Augustana in 3 oder 5 Jahren?

Ich hoffe, dass Vox Augustana bis in 3 bzw. 5 Jahren meiner vorhin beschriebenen Vision ein großes Stückchen näher gekommen ist und wir auch zukünftig immer wieder neue und jüngere Sänger*innen für unser Ensemble begeistern können!

Welches war Dein bisher eindrucksvollstes Konzert mit unserem Ensemble?

Sehr präsent ist immer wieder das Glück, das ich bei meinem ersten Konzert im Mai 2011 mit Vox Augustana empfunden habe und das seitdem nahezu in jedem Konzert aufs neue entstand. Ein sehr eindrücklicher Auftritt war sicher auch 2017 im Kloster Metten. Unser letztes Konzert im Oktober 2023 in St. Georg war ein absolutes Highlight, hier kulminierte Vox in Hochform, ein für meinen Geschmack geniales Programm, großer Publikumszuspruch und eine akustisch und atmosphärisch wunderbarer Kirchenraum zu einem herausragenden Konzert!

Interview/Bild: Birgit Mangold